Fliegen mit Propeller oder Jet? Seit 1969 gibt es eine Alternative – die Mantelschraube. Hat sie eine Zukunft?
Es war in den 60er Jahren eine aviatische Revolution: Ein Flugzeug wird entweder von einem Propeller oder von einer Düse angetrieben, dazwischen gibt es nichts, so die gängige Meinung damals. Der deutsche Ingenieur Hanno Fischer dachte anders. Es musste noch eine dritte Variante geben, welche die Vorteile einer betriebsgünstigen Propellermaschine mit den Flugeigenschaften eines Jets kombinieren sollte. Denn ein Flugzeug mit Luftschraube hat immer spezielle Eigenheiten beim Fliegen, etwa wenn Gas gegeben, Leistung weggenommen oder gestartet wird. Da verhält es sich durch unterschiedliche sogenannte Propellermomente deutlich anders als ein Jet. Beim Umstieg auf Düsenantrieb muss der Pilot also umlernen und vieles vergessen, was er gewohnt ist. Das macht die Ausbildung eines Jetpiloten teuer.
Um diese Unterschiede in den Flugeigenschaften zu minimieren, ohne aber ein Flugzeug mit den Kosten eines Jetantriebs zu erzeugen, suchte Fischer eine Lösung. Und so experimentierte er mit einem ungewöhnlichen Antriebskonzept – der Mantelschraube. Diese steckt mitten im Rumpf des Flugzeugs, der Fünfblatt-Fan sieht ein bisschen aus wie ein gekürzter Propeller. Die Mantelschraube ist aber von einem Gehäuse umgeben, so dass keine rotierenden Teile Umstehende erfassen und verletzen können wie ein Propeller. Zudem sitzt sie kurz hinter dem Schwerpunkt des Flugzeugs. Ihr Luftstrom kann parallel zur Längsachse des Flugzeugs verlaufen, was einem Jet entspricht.
Nach dem Erstflug des Versuchsträgers Sirius 1 im Mai 1969 und der Flugerprobung zweier weiterer Prototypen mit Mantelschraube ging am 27. Oktober 1977 erstmals ein Flugzeug in die Luft, das dieser exotischen Technik zur Serienfertigung verhelfen sollte – der Fantrainer von Rhein-Flugzeugbau in Mönchengladbach. Genau genommen, hatte er gleich zwei revolutionäre Antriebe an Bord. Denn seine Mantelschraube wurde durch einen Wankelmotor in Rotation versetzt. Der vibrationsarme Kreiskolben-Benziner schien damals vor einer glänzenden Zukunft zu stehen. Auto- und auch Flugzeugbauer sahen in ihm den Verbrennungsmotor der kommenden Jahrzehnte – ein Trugschluss.
Ende der 1970er Jahre stieß der Prototyp des zweisitzigen Fantrainers mit Mantelschraube kurzzeitig auf Interesse bei den damaligen Verantwortlichen der Bundeswehr als mögliches Flugzeug für eine Jetpilotenausbildung in Deutschland. Die Luftwaffe entschied aber bald darauf, ihre Ausbildung auf Kampfflugzeugen komplett in die Vereinigten Staaten zu verlegen. Deshalb brauchte es kein spezielles Trainingsflugzeug mehr für Deutschland.
Dennoch wurde bei Rhein-Flugzeugbau mit dem Serienbau begonnen, da die thailändische Luftwaffe Gefallen am deutschen Tandemsitzer fand. 47 Fantrainer entstanden, die fast alle in das südostasiatische Land gingen. Viele davon wurden als Bausatz geliefert. Allerdings wurde bei ihnen die Mantelschraube nicht mehr von einem Wankelmotor, sondern einer Turbine angetrieben. Drei Maschinen sind in Privathände gelangt. Heute fliegen weltweit nur noch zwei Exemplare, die in Deutschland stationiert sind. Bei beiden treibt eine bewährte Allison-C250-Turbine die Mantelschraube an, allerdings eine mit bis zu 650 PS im Fantrainer 600 und eine schwächere Version mit rund 420 PS in der Variante 400.
Das wohl ungewöhnlichste Geschäftsreiseflugzeug hierzulande
Der Fantrainer 600 gehört dem Unternehmer Andreas Sattler aus Schorndorf bei Stuttgart und seiner Firma Fanjet Aviation. Der schwäbische Geschäftsmann ist schon lange in der Luftfahrtbranche tätig, verfügt dazu über eine Berufspilotenlizenz und bewegt mit seinem Fantrainer 600 das wohl ungewöhnlichste Geschäftsreiseflugzeug hierzulande. Die Maschine ist wie eine Cessna oder Piper zivil registriert und darf so überall landen. Der Mantelschrauben-Sound ist zwar ungewöhnlich und hochfrequent, aber bestehende Lärmgrenzwerte werden eingehalten. Bei der Geräuschentwicklung gebe es auch noch Potential, um die Maschine leiser zu machen.
Nicht nur das: Sattler hat 2010 die Dokumentation über Konstruktion, Flugerprobung und Zertifizierung des Fantrainers gekauft. Dazu zählen Unmengen technischer Unterlagen. Zudem erwarb er Werkzeuge zum Bau der Flugzeuge sowie eine Menge Ersatzteile. Warum also nicht den Fantrainer unter einem neuen Namen als Fanjet wieder in die Luft bringen? Denn die frühere Luftfahrt-Zulassung der Maschine, das sogenannte Type Certificate, wäre von Fanjet Aviation bei einem Neustart wieder aktivierbar, und das damals Millionen Mark teure und aufwendige Flugtestprogramm könnte deshalb größtenteils entfallen, was die Kosten minimiert. Selbst die Allison-C250-Turbine, die bereits in den 80er Jahren den Fantrainer 400 und 600 antrieb, ist heute noch vom Triebwerksbauer Rolls-Royce neu lieferbar.